Lebensthemen erkennen

 

"Bindungen wollen nicht gelebt, sondern verstanden werden."


Bindungen erkennen

 

Als Menschen haben wir Bindungen zu anderen Menschen und zu materiellen Dingen. Diese Bindungen können sehr schön und wertvoll, aber auch hinderlich und mühsam sein und beides macht grundsätzlich Sinn. Hätten wir keine Bindungen, könnten wir unser tiefes Verständnis für das Innere nicht erweitern und nicht die gleichen Lebenserfahrungen machen wie in einem Leben ohne Bindungen.

Viele Leute wollen vor allem die mühsamen Bindungen möglichst schnell auflösen und übersehen dabei, dass dies nicht so einfach möglich ist. Die universelle Idee hinter den Bindungen ist nicht das Auflösen, sondern «das Verstehen der Bindungen» und was das Leben einem aufzeigen möchte.

Sobald man versteht, was hinter einer Bindung steckt, wird diese automatisch neutralisiert, weil man jederzeit frei entscheiden kann, wie man auf die entsprechenden Situationen und Menschen reagieren möchte, ohne in den Bann des Bindungsmusters zu fallen. Manche von uns bleiben ein ganzes Leben lang mit diesen Bindungen verknüpft und dadurch entstehen immer wiederkehrende Muster und Ängste.  

Um diese Muster und Ängste auflösen zu können, müssen Bindungen erkennt und auch anerkennt werden. Man muss verstehen, dass hinter einer Beziehung zu einem Menschen oder zu etwas Materiellem eine Bindung besteht. Erst wenn man diese Bindung erkannt hat, ist es möglich, sie in allen Facetten zu durchleuchten und zu reflektieren. Nur durch diese Erkenntnis können wir frei reagieren.

 

Ein kleines Beispiel

 

Vor vielen Jahren habe ich in einem schönen Haus mit einem grossen Garten gewohnt. Ich habe dieses Zuhause gehegt und gepflegt und konnte mir nicht vorstellen, jemals wieder in etwas Kleinerem zu wohnen. Dadurch entstand eine eigens produzierte Bindung zu diesem Haus.

Wie das Leben so spielt, hat sich nach einigen Jahren im privaten Bereich alles verändert und ich wohnte plötzlich allein mit meinen beiden Kindern in diesem grossen 10-Zimmer Haus. Obwohl ich wusste, dass das Haus zeitlich allein nur schwer zu halten war, blieb ich noch ein ganzes Jahr daran hängen.

Irgendwann durfte ich erkennen, was diese Bindung zu bedeuten hat und zog schweren Herzens in eine Wohnung in einem Kinderquartier. Es dauerte weitere Monate, bis ich verstand, was mir diese Bindung eigentlich mitteilen wollte.

Diese Bindung hat mir zu verstehen gegeben, dass man an nichts festhalten sollte und kann. Alles ist ständig in Bewegung und wenn man diesen Grundsatz wirklich versteht, beginnt man Bindungen zu Menschen und Materiellem aus einer anderen Sicht zu betrachten. Heute weiss ich, dass ich in einem kleinen Studio genauso zufrieden wohnen kann, wie in einem grossen Haus. Meine Bindung an das Wohnobjekt und an andere materielle Gegenstände hat sich komplett verändert. Hätte ich diese Erfahrung der «Haus-Bindung» nicht gemacht, wäre meine Leben ganz anders verlaufen und ich wäre vielleicht noch oft in eine der vielen glänzenden materiellen Fallen getappt.